OEM-Fahrzeugtelematik: Status Quo, Probleme und Ausblick

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Carsharing, Shared Mobility, Technologie

Zusammenfassung

OEM-Fahrzeugtelematik wird immer leistungsfähiger. Carsharing-Anbieter erhalten mithilfe der dadurch verfügbaren Fahrzeugdaten neue Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Betriebsabläufe und der User Experience.

Werkseitig ins Fahrzeug verbaute Telematik ist kostengünstig und erfordert keine Hardware-Installationen. Bevor sich Carsharing-Betreiber für eine OEM-Telematik entscheiden, sollten sie jedoch auch deren Einschränkungen hinsichtlich ihrer Skalierung und Flexibilität berücksichtigen.

Wie können Betreiber auf die in OEM-Telematiksystemen gespeicherten Fahrzeugdaten zuzugreifen? Welche Fortschritte werden die OEMs bezogen auf die Software und Daten in Zukunft erzielen? Diese und weitere Fragen beantworten wir in diesem Artikel.

OEM-Fahrzeugtelematik: Status Quo, Probleme und Ausblick

Für Shared Mobility ist das Abrufen von Daten aus dem Fahrzeug eine elementare Grundvoraussetzung. Eine leistungsstarke Telematik kann dabei helfen, Kosten zu senken, den Umsatz zu steigern und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Für Anbieter von Carsharing, Auto-Abos oder der klassischen Autovermietung werden dabei auch OEM-Telematikheinheiten immer interessanter.

Diese werksseitig eingebauten Lösungen sind zwar nicht so leistungsfähig wie explizit auf Sharing ausgerichtete Telematiksysteme, dafür fallen keine Kosten für die Hardwareinstallation an. So können Fahrzeuge mit OEM-Telematik schneller in die Flotte integriert werden.

Inhalt

Welche grundlegenden Fahrzeugdaten sind in der Regel mit einer OEM-Telematik verfügbar?

Die Hersteller stellen die folgenden Fahrzeugdaten über die API ihrer werkseitig eingebauten Telematiksysteme zur Verfügung:

  • GNSS/GPS-Position des Fahrzeugs
  • Kilometerstand
  • Zustand der Zündung
  • Höhenlage des Fahrzeugs
  • Kraftstoffstand und/oder Batterieladestand
  • Fahrzeugausrichtung in Grad
  • Ladevorgang (EV)

Diese Grundausstattung liefert bereits nützliche Erkenntnisse, mit denen physische Kontrollen am Fahrzeug schneller erledigt werden können oder sogar entfallen. Betreiber können Kilometerstände sowie Kraftstoff- bzw. Batteriestand direkt im System einsehen. Das erleichtert die Planung grundlegender Wartungsarbeiten sowie Fahrten zur Tankstelle oder zum Aufladen. Mit der GNSS-Fahrzeugortung lassen sich verlorene oder gestohlen Fahrzeuge zudem einfacher auffinden.

Welche erweiterten Daten stellen die OEMs über ihre APIs zur Verfügung?

Die Vielfalt der verfügbaren Daten wächst schnell, dafür aber uneinheitlich. Die meisten Datenpunkte sind nicht bei allen Herstellern gleich. Während sich einige OEMs weiterhin nur auf die grundlegenden Fahrzeugdaten beschränken, bieten andere eine deutlich größere Datenmenge. Diese kann für die Planung von Wartung und Instandhaltung von großer Bedeutung sein.

Anbieter mit bestimmten Modellen von Peugeot, Fiat oder Jeep in ihrer Flotte, können zum Beispiel Warnungen zu den Bremssystemen erhalten. Hierbei stellen die OEMs die relevanten Daten zur Bremsflüssigkeit direkt über ihre API zur Verfügung. Auch BMW/MINI bietet über sein API-Datenpaket verschiedene Wartungsdaten an, darunter auch Daten zu Bremsen und Öl.

Es gibt Hunderte, möglicherweise Tausende von anderen Datenpunkten, die OEMs zur Verfügung stellen. Nicht alle davon sind für Flottenbetreiber in gleichem Maße nützlich. Hat ein Kunde das ESP ausgestellt hat, um aggressiver zu fahren, hat diese Information große Relevanz. Von einer Auskunft darüber, in welcher Postleitzahl sich ein Fahrzeug befindet, profitieren Betreiber hingegen nur in Ausnahmefällen. Für Carsharing-Anbieter ist es daher wichtig, bereits vor der Auswahl von Fahrzeugen für ihre Flotte zu definieren, welche Datenpunkte sie benötigen.

Welche Fahrzeugdaten sind in der Regel NICHT über die OEM-Telematik verfügbar?

Befehle

Während das Abrufen von Daten technisch relativ einfach ist, kann das Senden von Befehlen komplizierter sein. Das Entriegeln des Fahrzeugs oder der Wegfahrsperre zählen hier zu den prominentesten Beispielen. Aufgrund der Komplexität bieten nur wenige Fahrzeughersteller Funktionen zum Senden von Befehlen über die OEM-API an. Hinzu kommen Bedenken in Bezug auf die Fahrzeugsicherheit.

Einige Fahrzeughersteller haben damit begonnen, Befehle zum Entriegeln von Türen und zur Freigabe der Wegfahrsperre per Software zu entwickeln. Für die Anwendung im Carsharing, wobei Fahrzeuge zwingend aus der Ferne entriegelt werden müssen, sind diese Systeme jedoch mit ihrer langen Antwortzeit der API noch nicht leistungsfähig genug. Die meisten Carsharing-Anbieter setzen daher weiterhin auf spezielle Telematik von anderen Technologieanbietern.

Daten außerhalb des Mobilfunknetzes

OEM-Telematiksysteme speichern in der Regel keine Daten in den Geräten selbst. Ist ein Fahrzeug nicht mit dem Mobilfunknetz verbunden, entstehen dadurch Datenlücken für die Betreiber. Wichtige Daten zum Fahrzeugstandort, zur Geschwindigkeit oder auch zu Unfällen können dadurch verloren gehen. Im Gegensatz dazu speichern dedizierte Telematikeinheiten wie die CloudBoxx diese Informationen in ihrem Flash-Speicher, so dass die Betreiber die Ereignisse später rekonstruieren können.

Datenverfügbarkeit für abgeschaltete Fahrzeuge

Viele Onboard-Telematikeinheiten bieten keine permanente Datenkonnektivität. Sobald die Steuergeräte ausgeschaltet sind, senden die Fahrzeuge keine Daten mehr. Dies kann dazu führen, dass den Betreibern mehrere wichtige Informationen fehlen. Hierzu zählen neben dem Standort des Fahrzeugs zum Beispiel auch der Ladezustand der Batterie. Die Betreiber wüssten dann nicht, wann ihre Fahrzeuge abgeschleppt werden oder welche Reichweite sie dem nächsten EV-Nutzer versprechen können.

Hohe Frequenz der Daten

OEM-Telematiksysteme senden in der Regel viel seltener Daten als andere Telematikeinheiten. In einigen Anwendungsfällen kann es ausreichen, wenn die Betreiber die Daten nur alle zwei Minuten oder länger erhalten. Für die Ver- und Entriegelung von Fahrzeugen aus der Ferne oder auch die Analyse des Fahrverhaltens sind hingegen häufigere Datenaktualisierungen erforderlich.

Werkseitig installierte Telematik kann hierfür mittlerweile in einem Intervall von dreißig Sekunden und weniger senden. Damit liegt sie jedoch weiterhin unter der Frequenz von einem erweiterten Telematiksystem wie der CloudBoxx, die eine durchschnittliche Antwortzeit von deutlich unter einer Sekunde ermöglicht.

Was müssen Betreiber tun, um Daten aus der OEM-Telematik zu erhalten?

Bevor Flottenbetreiber auf die Daten ihrer OEM-Telematik zurückgreifen können, müssen sie mehrere Schritte unternehmen:

1. B2B-API wählen, falls verfügbar

Die meisten Flottenbetreiber werden aufgrund ihrer Vorzüge wahrscheinlich auf die kostenpflichtigen B2B-Flottenversionen zurückgreifen. Den Unterschied zwischen einer Verbraucher-API und einer B2B-API erläutern wir in unserem Whitepaper, kurz gesagt lässt sich jedoch festhalten, dass B2B-APIs leistungsfähiger und für Kunden über Service Level Agreements gesichert sind. Außerdem ist die Anzahl der Fahrzeuge, die in einem API-Konto enthalten sind, nicht begrenzt. Verbraucher-APIs lassen in der Regel nur eins zu.

2. API verbinden

Der nächste Schritt ist schwierig und entwicklungsintensiv: die Anbindung an die OEM-API. Einige Hersteller haben versucht, mehrere Fahrzeugmodelle unter einer API zusammenzufassen. Bis jetzt ohne nennenswerten Erfolg. Für die Entwickler der Carsharing-Anbieter bedeutet das, dass sie weiter jedes einzelne Fahrzeugmodell verbinden und pflegen müssen. Hier können die OEM-Integrationen von INVERS eine große Hilfe sein. Sie fassen die Telematikdaten zusammen, bereinigen und standardisieren sie. Dadurch können Betreiber mit all ihren Fahrzeugen über eine API kommunizieren.

3. Eigentumsnachweis erbringen

Betreiber müssen den OEMs einen Eigentumsnachweis für ihre Fahrzeuge vorlegen. Die Bestätigung des Kilometerstands ist für viele OEMs ausreichend. Andere hingegen verlangen eine Kopie des Fahrzeugscheins für bis zu 15% der gesamten Flotte.

4. Zustimmung zur Datennutzung einholen

Schließlich müssen Betreiber noch nachweisen, dass sie mit der Erhebung und Nutzung ihrer Daten einverstanden sind. Dies ist je nach Standort unterschiedlich. In Europa ist der Fahrer und Eigentümer des Fahrzeugs gleichzeitig auch Eigentümer der Daten. Die Fahrer erteilen den Betreibern die Zustimmung zur Datenverarbeitung mittels eines Formulars, das die Betreiber dann an den OEM weiterleiten. Alternativ können Betreiber die Zustimmung auch an ihren Telematikanbieter wie INVERS senden, der sie dann an den OEM weiterleitet.

Die Zukunft der OEM-Telematikdaten und -befehle

Die Entwicklung von OEM-Telematikdaten wird in Zukunft weiter voranschreiten.

Fahrzeughersteller stellen über ihre werkseitig eingebauten Telematikeinheiten mehr nützliche Fahrzeugdaten zur Verfügung als je zuvor. Dennoch hat der Datenaustausch für anspruchsvolle Anwendungsfälle im Sharing noch keine Priorität. Da die werkseitig verbaute Telematik derzeit noch nicht zuverlässig Befehle senden kann, greifen nur wenige Anbieter auf die OEM-Telematik zurück.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass weitere OEMs dem Beispiel von Tesla und Stellantis folgen und ihrerseits das Senden von Befehlen sowie andere Sharing-spezifische Funktionen ermöglichen. Auch Daten zum Fahrverhalten, Ökobilanzen oder das Erkennen von Verkehrsschildern für das autonome Fahren könnten dann durch OEMs auf einer Telematikplattform zur Verfügung gestellt werden.

Die OEMs haben dafür bereits erste Schritte eingeleitet. Mercedes hat ein neues Softwarezentrum eröffnet und VW hat eine Programmierschule ins Leben gerufen. Stellantis stellt mehr Entwickler ein und baut seine Softwarepartnerschaften aus.

Das ist ein klares Zeichen dafür, dass die Telematikeinheiten der OEMs in Zukunft deutlich leistungsstärker sein könnten.

OEM-Integration von INVERS

Auch mit fortschrittlicher OEM-Telematik stehen Betreiber weiterhin vor dem Problem der Integration. Unterschiedliche Onboard-APIs von verschiedenen Fahrzeugmodellen müssen integriert und gepflegt werden. Sogar verschiedene Fahrzeugmodelle eines OEMs haben unterschiedliche APIs. Die OEM-Integrationen von INVERS führen deine Flotte zusammen und standardisieren die Prozesse. Du brauchst nur eine einzige API, die Integration mit den Herstellern übernehmen wir. Kontaktiere uns jetzt, um mehr über unsere Lösung zu erfahren.

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